Hebelprodukte: Wenig Kapital, hohes Risiko
8 Minuten Lesezeit
Das Wichtigste in Kürze:
- Hebelprodukte ermöglichen es Anlegerinnen und Anlegern, mit einem kleinen Kapitaleinsatz überproportionale Gewinne zu erzielen, tragen jedoch auch ein hohes Risiko von erheblichen Verlusten. Der Hebeleffekt verstärkt sowohl Gewinne als auch Verluste.
- Hebelprodukte, wie Optionsscheine und Zertifikate, sind derivative Finanzinstrumente, die ihren Wert von Basiswerten wie Aktien oder Indizes ableiten. Ihre Funktionalität variiert je nach Produkt, und sie sind in verschiedenen Varianten erhältlich.
- Aufgrund der hohen Risiken sind Hebelprodukte hauptsächlich für erfahrene und risikobewusste Investoren geeignet. Anfänger sollten sich bewusst sein, dass Hebelprodukte zu schnellen und signifikanten Verlusten führen können. Sieh Dich in unserem Depot-Vergleich nach dem passenden Broker für Dich um.
Was sind Hebelprodukte?
Hebelprodukte gehören zur Familie der Derivate, auch derivative Finanzinstrumente genannt. Diese Derivate leiten ihren Preis von der Preisentwicklung einer anderen Bezugsgröße, dem sogenannten Basiswert, ab. Zugrunde liegen zum Beispiel Aktien, Anleihen oder Indizes. Kommt es zu einer Kursveränderung des Basiswertes, gewinnt bzw. verliert auch das Derivat. Hebelprodukte leiten sich ebenfalls von einem Basiswert ab, sind aber zusätzlich – der Name verrät es – mit einem Hebel ausgestattet. Dieser erlaubt es, mit geringem Kapitaleinsatz eine überproportionale Wertenentwicklung im Vergleich zum zugrunde liegenden Basiswert zu erzielen. Hebel und Gewinnchance sind vom gewählten Hebelprodukt abhängig.
Für Privatanleger sind vor allem folgende Hebelprodukte interessant: Optionsscheine und Zertifikate, zu denen auch die Knock-Out-Produkte zählen. Jedes dieser Produkte ist in seiner Funktionalität anders gestaltet. Allen gemeinsam ist, dass sie über einen Hebel verfügen, der die Gewinnchance und das Verlustrisiko erhöht. Mit einem Beispiel lässt sich die Hebelwirkung gut nachvollziehen.
Beispiel für Hebel-Trading
Optionsscheine erhält man für einen Bruchteil des Preises des zugrundeliegenden Basiswertes. Im Beispiel wird als Basiswert die Aktie der fiktiven Muster AG herangezogen. Außerdem soll es sich um einen Call Optionsschein handeln, man setzt also auf steigende und nicht auf fallende Kurse (Put Optionsschein). Der Kurs steht aktuell bei 100 Euro, der Hebel des Optionsscheins soll 5 sein, der Wert 10 Euro. (Gebühren, Spreads, etc. werden im Beispiel ignoriert.) Was passiert also bei einer Kursentwicklung?
Steigt die Aktie um 5 % auf einen Kurswert von 105 Euro, dann steigt der Wert des Optionsscheins nicht ebenfalls um 5 %, sondern aufgrund des Hebels von 5, um 25 % auf 12,50 Euro. Gleiches gilt bei fallenden Kursen, ein Kursverlust der Aktie um zum Beispiel 10 % führt folglich zu einem Verlust von 50 % beim Optionsschein. Der Wert halbiert sich auf 5 Euro.
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Kleiner Betrag, große Summen
Im Beispiel wurde gezeigt, wie sich der Hebel auf den Preis des Optionsscheins auswirkt. Wichtig beim Trading mit Hebeln ist aber, dass man sich als Anleger bewusst macht, welche Summen man tatsächlich bewegt! Als Anleger zahlt man nur einen Teil des tatsächlichen Kapitaleinsatzes, der Rest wird vom Broker zur Verfügung gestellt. Im Grunde handelt man dann mit geliehenem Geld. Beträgt der Hebel zum Beispiel 100 und man setzt 10.000 Euro ein, so spekuliert man mit 100.000 Euro. Nur so können die gewünschten Hebel-Effekte und die überproportionalen Gewinne und Verluste erzielt werden.
Risiken nicht unterschätzen
Aus wenig Kapital schnell viel Geld machen hört sich sehr verlockend an. Dennoch sollte man sich klar machen, dass gehebelte Anlageprodukte nur für risikobewusste und erfahrene Investoren geeignet sind. Das Beispiel hat gezeigt, wie schnell sich der Wert der Anlage halbieren kann. Auch Totalverluste sind keine Seltenheit. Nimmt man zum Beispiel Knock-Out-Produkte, so werden diese automatisch wertlos, wenn die sogenannte Knock-Out-Barriere erreicht wird, wenn also der Kurs eine im Produkt festgehaltene Barriere überschreitet. Das gesamte eingesetzte Kapital ist dann verloren.
Wie und wo werden Hebelprodukte gehandelt?
Hebelprodukte kann man auf unterschiedliche Weisen handeln, je nach Produktart. Wer in Anlagezertifikate oder Optionsscheine investieren möchte, kann dies in den meisten Fällen mit einem normalen Depotkonto bei einem beliebigen Broker tun. Auch der Handel selbst unterscheidet sich je nach Produktkategorie, insbesondere in der Anlagestrategie sind gravierende Unterschiede vorhanden. Daher ist es unabdingbar sich zu jedem Produkt einzeln über die Funktionsweise und die Risiken zu informieren.
Als Handelsplatz für den börslichen Handel vieler Hebelprodukte hat sich die Börse Stuttgart hervorgetan. Das Handelssegment EUWAX bietet über 40.000 notierte Derivate an. Aber auch an anderen Börsen, wie der Börse Frankfurt, ist der Derivate-Handel möglich. Viele Hebelprodukte können auch im außerbörslichen Handel getradet werden. So kann man Optionsscheine zum Beispiel auch direkt beim Emittenten kaufen.
Hebelprodukte nur für risikofreudige Anlegerinnen und Anleger
Die großen Gewinnchancen und das hohe Verlustrisiko machen Hebelprodukte für die breite Masse der Anlegerinnen und Anleger uninteressant. Wer sicher und langfristig investieren möchte ist mit ETFs und Fonds besser beraten. Hebelgeschäfte sind eher kurzfristige Anlagen, häufig findet der Handel sogar nur intraday also innerhalb eines Tages statt. Das erfordert Erfahrung und Know-How. Nur wer die Risiken realistisch einschätzen kann, ist vor existenzbedrohenden Verlusten geschützt. Da die meisten Hebelprodukte sich auf Kursentwicklungen beziehen, sind aber auch Profis nicht vor den Folgen von spontanen Kurseinbrüchen geschützt. Dennoch sind gerade für risikofreudige Anlegerinnen und Anleger die Möglichkeiten, die Hebelprodukte bieten, durchaus interessant. Mit der passenden Strategie und einem aktiven Risiko- und Moneymanagement lassen sich Hebel durchaus effektiv einsetzen und Verluste können begrenzt werden.